Das hätte man der Fifa jetzt gar nicht zuge­traut: Der Fuß­ball-Welt­ver­band, diese erwiesen tur­bo­ka­pi­ta­lis­ti­sche Ver­ei­ni­gung, scheint tat­säch­lich zu so etwas wie nost­al­gi­schen Anwand­lungen fähig zu sein.

Dabei zeichnen sich inter­na­tio­nale Sport­ver­bände eher durch eine nüch­terne, rein pro­fit­ori­en­tierte Geschäfts­po­litik aus. Siehe das Inter­na­tio­nale Olym­pi­sche Komitee, das die Spiele 1996 eben nicht an Athen ver­geben hat, son­dern ihren 100. Geburtstag lieber in Atlanta begehen wollte, dem Standort des wich­tigen IOC-Spon­sors Coca-Cola.

Die Fifa scheint da ein biss­chen geschickter zu sein. Wenn sich 2030 die erste Fuß­ball-Welt­meis­ter­schaft zum 100. Mal jährt, wird die WM-End­runde genau dort beginnen, wo das erste Tur­nier im Juli 1930 zu Ende gegangen ist: in Uru­guays Haupt­stadt Mon­te­video.

Damit reicht es dann aber im Grunde auch schon mit der Nost­algie. In Süd­ame­rika, genauer gesagt in Argen­ti­nien und Para­guay, sollen noch exakt zwei wei­tere der ins­ge­samt ein­hun­dert­vier WM-Spiele statt­finden. Danach, so der Plan der Fifa, zieht das Tur­nier weiter nach Europa (Spa­nien, Por­tugal) und Nord­afrika (Marokko).

Geop­fert auf dem Altar des Grö­ßen­wahns

Nachdem also 2026 erst­mals 48 Teams an der WM teil­ge­nommen und die Spiele in drei Län­dern (USA, Kanada, Mexiko) statt­ge­funden haben werden, wird der Gigan­tismus des Fuß­ball-Welt­ver­bandes Fifa bereits vier Jahre später eine neue Stufe erklimmen. Sechs Aus­tra­gungs­länder auf drei Kon­ti­nenten: Das gab es noch nie.

Von nun an ist also nur noch ein kleiner Schritt für die Mensch­heit, bis die Vision des frü­heren Fifa-Prä­si­denten Sepp Blatter Wirk­lich­keit wird. Knapp zehn Jahre ist es her, dass der Schweizer von inter­pla­ne­ta­ri­schen Wett­be­werben schwa­dro­niert hat. Man hat ihn damals für ein biss­chen gaga gehalten. In der Fifa-Welt gilt er ver­mut­lich als großer Visionär.

Das alte WM-Format (ein Tur­nier, ein Land) ist schon lange tot, geop­fert auf dem Altar des Grö­ßen­wahns. Es gibt auf dieser Welt so gut wie keinen Staat, der noch in der Lage wäre, eine Mammut-WM infra­struk­tu­rell und logis­tisch zu bewäl­tigen.

2034 kommt die volle Logik der Fifa zur vollen Ent­fal­tung

Man kann das alles daher nur für einen gewal­tigen Irr­sinn halten: den Gigan­tismus, die Pro­fit­gier, die Ver­schwen­dung und die Igno­ranz gegen­über öko­lo­gi­schen Not­wen­dig­keiten. Es sei denn, man sieht es mit den Augen von Fifa-Prä­si­dent Gianni Infan­tino, der sich zu seinem Vor­gänger Blatter ver­hält wie der Chef eines inter­na­tio­nalen Dro­gen­kar­tells zu einem Taschen­dieb: In einer geteilten Welt ver­einen sich Fifa und Fuß­ball“, hat er nach der Vor­stel­lung seiner Pläne für 2030 gesäu­selt.

Aus seiner Sicht ist diese Ent­wick­lung nur logisch. Aber es ist eine kranke Logik. Es geht nicht for the good of the game“, um das Wohl des Fuß­balls, wie es ein Slogan des Ver­bands behauptet. Es geht einzig um das finan­zi­elle Wohl der Fifa selbst, um ihren größt­mög­li­chen Profit.

Das wird sich nicht nur 2030 zeigen. Das wird sich vor allem 2034 zeigen, wenn die kranke Logik der Fifa erst zur vollen Ent­fal­tung gelangt. Weil der Ver­band 2030 mit einem Streich die Kon­ti­nente Europa, Afrika und Süd­ame­rika als WM-Aus­richter abge­räumt hat, ist bei der End­runde 2034 nach dem Rota­ti­ons­prinzip ent­weder Ozea­nien oder Asien an der Reihe. Gianni Infan­tino ebnet Saudi-Ara­bien den Weg. Darum geht es, und dafür nimmt er sogar ein biss­chen Nost­algie bil­li­gend in Kauf.

Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Koope­ra­tion mit dem Tages­spiegel.

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